Das Leben mit Kaninchensenioren
Die Lebensspanne von Kaninchen variiert sehr stark – von 6 bis mehr als 12 Jahren ist alles möglich – und hängt auch von unterschiedlichen Faktoren ab. Dazu gehören Haltungsform, Ernährung und auch die Rasse.
Kleinere Rassen können durchaus ein hohes Alter erreichen, während die größeren Rassen tendenziell eine geringere Lebenserwartung haben.
Ab welchem Alter ein Kaninchen als Senior bezeichnet werden kann, ist sicherlich individuell zu bewerten. Denn: Senior ist nicht gleich Senior! Man geht davon aus, dass das geliebte Langohr mit ca. 6 Jahren zum reiferen Semester zählt.
Allerdings bedeutet es nicht, dass ein älteres Tier auch gleichzeitig altersbedingte Zeichen zeigt, z. B. träger wird. Hier spielt der Charakter und auch der Gesundheitszustand des jeweiligen Tieres eine entscheidende Rolle. Schließlich gibt es auch ausgesprochen rüstige, junggebliebene Rentner unter uns Menschen, die selbst mit über 70 Jahren noch Bäume ausreissen könnten.
Was sind also Hinweise darauf, dass sie älter werden? Und wie gehe ich damit um?
Eines der wohl am häufigsten vorkommenden Indizien ist ein erhöhtes Ruhebedürfnis. Das Gehege wird nicht mehr ausgiebig erkundet, sie schlafen mehr und möchten generell lieber ihre Ruhe haben.
Schlafplätze dürfen gerne ebenerdig sowie gut ausgepolstert sein. Sollte der „Rentner“ lieber erhöht liegen wollen, so kann man mittels Rampen und Stufen den Zugang sehr erleichtern. Sollte die Sprungkraft bereits deutlich nachlassen, ist zu überlegen auch die Klokiste mit einem barrierefreien Zugang zu versehen. Dazu schneidet man in den Kunststoff an einer Seite einen entsprechenden Einstieg und glättet abstehende Splitter anschließend.
Beim Thema Toilettengang muss man damit rechnen, dass mit zunehmendem Alter auch das eine oder andere Geschäft daneben geht. Somit sollten diese Kaninchen regelmäßig von ihren Besitzern untersucht und ggf. gereinigt werden. Insbesondere in den heißen Sommermonaten sowie bei Außenhaltung, kann ansonsten ein Fliegenmadenbefall auftreten.
Die Reinigung von Fell und Haut sollte mit einem sehr schonenden Seifenprodukt erfolgen, z.B. mit einer Naturseife mit Calendula oder aber einem sensitiv Shampoo aus der Säuglingspflege. Hilfreich kann es auch sein das Fell im Intimbereich zu kürzen.
Während junge Kaninchen es aufregend finden, wenn ihr Gehege regelmäßig umgestellt wird, sollte man bei alten Tieren auf große Änderungen verzichten. Vor allem wenn die Sehkraft nachgelassen hat, ist die Umorganisation ein No Go.
Ein weiterer Hinweis ist ein veränderter Körperbau. Viele ältere Tiere sind, auch aufgrund des Bewegungsmangels, eher übergewichtig. Es kann aber auch genau der gegenteilige Effekt eintreten, dass das Tier knochig und die Wirbelsäule sicht- und tastbar wird.
Hier muss man als Kaninchenhalter einen besonderen Augenmerk darauf haben, ob gesundheitliche Probleme, wie z. B. Zahn- oder Nierenerkrankungen, Arthrose, Spondylose etc., ursächlich für die Veränderungen sind. Sowohl bei über- als auch bei untergewichtigen Kaninchen sollte die Ernährung entsprechend angepasst werden.
Regelmäßiges Wiegen ist daher Pflicht und sollte in den Alltag integriert werden.
Viele ältere Kaninchen bekommen ein struppiges Fell, können sich selber nicht mehr richtig pflegen oder sind zu steif, um z. B. ihren Blinddarmkot aufzunehmen. Auch hier muss man besondere Obacht haben, dass z. B. durch ein verschmutztes Fell keine Fliegen angezogen werden. Bei der Fellpflege kann man selber auch behilflich sein, durch regelmäßiges Bürsten und sanfte Massagen der Haut, die in der Regel der Durchblutung und somit dem Wohlbefinden des Senior gut tun.
Auch das Hören kann nachlassen.
Ältere Kaninchen frieren durch die nachlassende Bewegung meist eher, weshalb sie geschützte Plätze oft vorziehen. Gerade bei der Außenhaltung von sehr betagten Senioren muss man daher in sehr kalten Wintermonaten überlegen, ob man diese Tiere nicht für diese Zeit in Innenhaltung setzt. Ansonsten sind genug Schutzhäuser aufzustellen, die mit reichlich Stroh ausgestattet sind und ggf. über eine nagesichere Außendämmung verfügen. Eine Wärmelampe für den Außenbereich kann zudem sinnvoll sein. Friert ein Tier, verliert es im übrigen Energie und das Gewicht kann sich reduzieren! Aus diesem Grund sollten ältere Tiere bei der Ernährung genug energiereiche Kost (z.B. durch eine entsprechende Saatenmischung, erhöhter Anteil an frischem Wurzelgemüse) insbesondere in der kalten Jahreszeit erhalten.
Altern ist keine Krankheit, es ist ein ganz normaler Prozess des Lebens – sozusagen eine Rückentwicklung. Kommt ein Tier auf die Welt, bildet sich alles in dieser ersten Lebensphase aus. Tritt ein Tier von dieser Welt, bildet sich alles eher zurück.
Alternative Unterstützung
Generell kann man natürlich prophylaktisch, also vorsorglich ein älteres Semester schon einmal mit etwas unterstützen. Wesentlich wichtiger ist jedoch auf eine möglichst gesunde Kost zu achten (also viel frische Wiesenkräuter, frische Salate, frisches Gemüse, wenig frisches Obst). Natürlich könnte man ein Auge zudrücken bei ungesunder Kost, frei nach dem Motto nun ist „es“ doch schon so alt, da wollen wir nicht mehr knickerig sein….. Aber letztlich wirkt sich auch im Alter die hochwertige Ernährung auf den gesamten Organismus aus.
Eine mögliche Prophylaxe sollte immer sinnvoll sein und nie aus Unmengen an Mitteln bestehen, die man aus Angst vorm Sterben verabreicht, um dem Leben noch mehr Tage zu geben. Es heißt zwar immer, dass alternative Präparate nicht schaden – das stimmt jedoch nur bedingt. Sind sie falsch gewählt oder ist die Dosierung falsch, die häufig durch laienhafte Recherche und Tipps umgesetzt wird, schadet man eher als das man nutzt. Hierzu kann man sich mit dem begleitenden Tierarzt und/oder Tierheilpraktiker abstimmen und einen entsprechenden „Senioren-Fahrplan“ erstellen lassen.
Gerade die Nieren können im Alter leicht schlapp machen. Hunde und Katzen werden deshalb ab einem bestimmten Alter für ein Geriatrie-Blutbild dem Tierarzt vorgestellt, bei dem insbesondere Harnstoff- und Kreatinin-Werte geprüft werden. Bei Kaninchen veranlassen viele Halter diese Untersuchung weniger. Und leider ist es auch so, dass oft erst bei >70% Nierenschädigung das Blutbild etwas anzeigt.
Auf die Nieren somit ggf. präventiv eingehen, zumindest kurweise wenn sonst keine Symptome vorhanden sind, kann somit bei den älteren Kaninchen sinnvoll sein. Viele Halter schwören auf die sogenannte SUC-Therapie von HEEL, man kann jedoch auch mit den Produkten von WALA bzw. PlantaVet arbeiten. Kurweise bedeutet, man gibt über einen abgesteckten Zeitraum das jeweils gewählte alternative Präparat, macht dann eine Pause und wiederholt es dann wieder. Das kann z.B. quartalsweise sein (1 x pro Quartal gibt es eine Nierenkur).
Mehr zum Thema Nieren findest Du in unserem ausführlichen Blog-Artikel dazu hier: http://www.langohrtraumzuhause.de/2019/04/15/niereninsuffizienz/
Gerade die Senioren, die sich weniger bewegen neigen bei erhöhtem Gewicht zu Sohlengeschwüren, der Pododermatitis. Das sind kreisrunde, z.T. felllose Stellen auf der Pfotenunterseite des Hinterlaufs, die sich entzünden können. Beim Gesundheitscheck sollten daher diese Stellen ebenso geprüft werden, um ggf. frühzeitig einschreiten zu können. Nicht nur ein gut ausgepolsteter Lebensraum ist wichtig. Auch unterschiedliche Materialien und keine konstant ebene Bodenfläche wirken sich positiv auf die Pfoten aus. In der Natur hat das Kaninchen schließlich auch keine glatten, hügellosen Böden. Sind felllose Stellen da, wirf einen Blick in unseren Artikel auf bunny-in: http://www.bunny-in.de/media/download_gallery/Sensible%20Pfoten-Sohlengeschwuere.pdf und setze die dortigen Tipps um.
Abschiednehmen
Ist ein gleichaltriges Partnertier vorhanden, so steht man früher oder später unweigerlich vor dem Problem, dass ein Tier nach dem Tod des Partners alleine zurück bleibt. Möchte man mit der Kaninchenhaltung weitermachen, so sollte man darauf verzichten, ein ganz junges Tier als neuen Partner auszuwählen, da die Bedürfnisse zu verschieden sind. Ein Senior kann zwar durch ein Jungtier nochmal aufleben, wie Sonja das bei ihrem Linus damals erlebte. Aber es kann auch zu viel Stress für den Oldie bedeuten. Und das Jungtier hat ein deutlich höheres Bewegungsbedürfnis. Das kann schnell zur Frustration führen, wenn der neue Freund da nicht mitmacht. Letztlich muss man das jedoch immer abwiegen und es spielt in jedem Fall der Charakter beider Tiere eine große Rolle!
Möchte man die Haltung aufgeben, so kann man sich über eine Kaninchenorganisation inzwischen auch einen Partner leihen, der nach dem Tod des eigenen Tieres in ein anderes gutes Zuhause vermittelt wird.
Auch wenn es für den Menschen teilweise traurig ist, wenn sich sein geliebtes Haustier in seinem letzten Lebensabschnitt befindet. Ist es nicht doch auch eine schöne und intensive Zeit, die auch die Verbindung zu seinem Tier noch enger werden lassen kann?
Der Alterungsprozess ist ein natürlicher Vorgang, der einfach zum Leben dazu gehört. Im besten Fall hat man ein ganzes Kaninchenleben miteinander verbracht, ist gemeinsam gewachsen und gealtert und hat Vieles miteinander erlebt und durchgemacht. Was kann es Schöneres geben?